Wenn Fresszellen Dampf ablassen

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Eine Neuverkabelung der Kraftwerke unserer Zellen unterstützt die „Müllverbrennung“ bei Entzündung.

Neue Daten eines Forschungsteams der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zeigen, dass Gefahrensignale (sog. Alarmine), die im Rahmen von Entzündungsprozessen aus geschädigten Zellen freigesetzt werden, durch Veränderungen des Stoffwechsels von Fresszellen (Makrophagen) eine Auflösung der Entzündungsreaktion und Gewebsregeneration ermöglichen. Durch eine „Neuverkabelung“ der intrazellulären Kraftwerke (Mitochondrien) in den Fresszellen werden diese vor Überlastung geschützt und können somit Bestandteile geschädigter Zellen besser entsorgen und hierdurch die Auflösung des Entzündungsprozesses gewährleisten. Diese Ergebnisse wurden aktuell im Fachjournal „Immunity“ veröffentlicht.

 

Entzündung stellt eine natürliche und lebenswichtige Reaktion unseres Immunsystems auf Gefahrensignale und Gewebeschäden dar. Der Entzündungsprozess hilft hierbei den jeweiligen Auslöser (z.B. Bakterien) zu eliminieren und Reparaturmechanismen in Gang zu setzen. Ebenso wichtig ist jedoch auch ein zeitnahes und koordiniertes Ende dieser Entzündungsreaktion, da sonst die Gefahr einer chronisch-entzündlichen Erkrankung, wie rheumatoide Arthritis oder Morbus Crohn droht. Wesentlich für die Auflösung der Entzündungsreaktion ist unter anderem die bisher unzureichend verstandene Entsorgung von gefährlichem „Sondermüll“ aus geschädigten und abgestorbenen Zellen, welcher ansonsten akkumuliert und so erneute Entzündungen verursachen kann.

Wie Entzündungsmüll entsorgt wird

Einem Forschungsteam um Prof. Gerhard Krönke von der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uni-Klinikums Erlangen der FAU (Direktor Prof. Georg Schett) ist es nun gelungen, zugrundeliegende molekulare Mechanismus besser zu verstehen. Das Forscherteam untersuchte die Funktion von Fresszellen (Makrophagen) am Ort des Entzündungsgeschehens. Diese Zellen haben die Fähigkeit große Menge an zellulärem Müll aufzunehmen und dessen molekularen Bestandteile in ihren Zellkraftwerken (Mitochondrien) zu verbrennen und zu entsorgen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass das Gefahrensignal Interleukin 33, das aus geschädigten Zellen freigesetzt wird, den Stoffwechsel von Makrophagen hierbei nachhaltig verändert, was ihre Entsorgungskapazität deutlich erhöht. Interleukin-33 reguliert im Makrophagen v.a. die Funktion der Mitochondrien welche in der Entzündungsreaktion durch das Überangebot an Müll stark beansprucht werden und dadurch vermehrt schädliche Sauerstoffradikale produzieren. Interleukin-33 leitet hierbei eine sogenannte „Entkoppelung“ dieser Zellkraftwerke ein und schützt diese somit vor Überlastung. „So gelingt es den Fresszellen quasi „Dampf abzulassen“ und ihre Fresstätigkeit im Rahmen der Auflösung von Entzündungsprozessen unbehindert und trotz großer Beanspruchung effizient fortzusetzen“ erklärt Maria Faas die Erstautorin der gerade im Fachjournal „Immunity“ erschienen Arbeit.

Schutz von Kraftwerken als neuer Therapieansätze bei Entzündung

Die Erkenntnisse des FAU-Teams könnten neue Therapieansätze bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen ermöglichen. „Durch Beeinflussung des Zellstoffwechsels der Fresszellen und durch gezielte Entkoppelung ihrer Kraftwerke könnte die Auflösung von Entzündungsprozessen nachhaltig unterstützt und beschleunigt werden“ so Prof. Gerhard Krönke. Interessanterweise sind Wirkstoffe, welche den Zellstoffwechsel von Fresszellen günstig beeinflussen, bereits bekannt.  Die Untersuchungen und Experimente erfolgten im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs SFB1181 „Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“ und der DFG-Forschungsgruppe FOR2886 PANDORA (Pathways triggering Autoimmunity and Defining Onset of early Reumatoid Arthritis). Maria Faas wurde zusätzlich durch ein Stipendium im Rahmen des DFG Graduiertenkollegs 1660 (Schlüsselsignale der adaptiven Immunantwort) unterstützt.

Link zur Originalpublikation

 

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Gerhard Krönke
Tel.: 09131/85-34742
gerhard.kroenke@uk-erlangen.de